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Enger persönlicher Kontakt lindert Ängste

| News Witten

OP-Begleitung vermindert Delir-Gefahr im Klinikalltag

„Wir müssen uns darauf einstellen, dass auf unseren Stationen immer mehr hochbetagte Patientinnen und Patienten versorgt werden müssen“, stellt Beate Schlüter, Pflegedirektorin der Ev. Krankenhausgemeinschaft Herne | Castrop-Rauxel, anlässlich des Welt-Delir-Tags 2024 (13.3) fest. Das EvK Witten beschäftigt mit Marion Rupietta bereits seit 2018 eine speziell ausgebildete Fachkraft, die durch eine gezielte Begleitung versucht, gefährdete Menschen vor einem Delir zu bewahren. Etwa 60 Patientinnen und Patienten pro Monat benötigen ihre Begleitung.

Bei einem Delir handelt es sich um ein Krankheitsbild, das sich während eines stationären Krankenhausaufenthalts durch Verwirrung, Teilnahmslosigkeit, Unruhe oder auch aggressive Zustände äußern kann. Ursache können eine Narkose, eine Operation und grundsätzlich ein Klinikaufenthalt sein. Besonders gefährdet sind ältere Patientinnen und Patienten. Doch auch jüngere Menschen mit Angststörungen oder kognitiv Beeinträchtigte können ein Delir entwickeln. Wer begleitungswürdig ist, wird im EvK Witten daher unabhängig vom Alter ermittelt. Ein Delir ist ein Krankheitsbild, das schwere oder auch langfristige Auswirkungen haben kann, von einer Verlängerung des Krankenhausaufenthalts über ein erhöhtes Demenzrisiko bis hin zu einer Verkürzung der Lebensdauer.

Wichtigste Vorbeugungsmaßnahme ist die persönliche Ansprache. Hier setzt die Tätigkeit von Marion Rupietta ein. Täglich steht sie im Austausch mit den Stationen und den diensthabenden Chirurg*innen des EvK, die ihr mitteilen, welche Patienten delirgefährdet sind, wer also die intensive Begleitung durch sie benötigt.

Mehr als ein Drittel der begleitungswürdigen Patienten im EvK sind Marion Rupietta schon gut bekannt. Sie sind Wiederkehrer, die zum Beispiel für urologische Eingriffe wie einen Wechsel des Harnleitersplints regelmäßig ins EvK kommen. Häufige Aufenthalte führen bei ihnen aber keinesfalls zu einer Routine. Im Gegenteil. „Delirgefährdete Patienten denken sich: ‚Jetzt ist schon so lange alles gut gegangen, irgendwann muss doch mal etwas passieren‘. Doch das kann ich gut auffangen“, sagt Marion Rupietta.  Schließlich lernt auch sie die Patienten über die Zeit immer besser kennen. Kündigen sich Wiederkehrer an, bereitet die Delirkraft auf Station schon alles vor, holt sie von der Aufnahme ab und begleitet sie schließlich bis aufs Zimmer. Das beruhigt nicht nur die Patientinnen und Patienten, sondern hat auch eine positive Wirkung auf ihre Angehörigen.

Ob Wiederkehrer oder neue Patienten – bei allen ist die Delir-Kraft bereits im Vorfeld der Operation beim Anästhesie-Vorgespräch dabei. Das schafft Vertrauen. Am Tag der Operation weicht sie dann nicht von der Seite der Betroffenen. Sie spricht mit den Menschen, hält ihre Hand, damit sie spüren, dass sie nicht allein sind. Marion Rupietta ist auch die erste Person, die die Operierten erblicken, wenn sie aus der Narkose erwachen. „Es geht darum, dass die Menschen in ein vertrautes Gesicht schauen, damit sie sofort wieder einen Orientierungspunkt haben“, erklärt die Delir-Kraft. Denn es ist die Orientierung, die den Gefährdeten verloren geht. Und dann erfasst sie Panik. Patienten, die eine Lokal- oder Regionalanästhesie erhalten und während des Eingriffs wach sind, begleitet sie sogar in Gänze.

Doch Marion Rupietta nimmt Ängste nicht nur durch Vertrautheit. Geduldig erklärt sie ihren Schützlingen auch, was mit ihnen auf der Intensivstation passiert, welche Geräte um sie herum sind, warum ihnen Zugänge gelegt wurden und warum sie nicht wie gewohnt auf der Seite schlafen können. „So können wir verhindern, dass sich die Patientinnen und Patienten aus ihrer Verwirrtheit heraus Zugänge ziehen, sich den Tropf abreißen und dadurch der Genesungsprozess gefährdet wird“, erläutert Beate Schlüter. Deshalb sei die Tätigkeit der Delir-Kraft auch ein wichtiger Beitrag zur Patientensicherheit.